FLIMSER BERGSTURZ UND CAUMASEE
1. Geraffter Überblick
Der Fliimser Bergsturz sei der grösste der Alpen. Die Lücke zwischen dem Flimserstein und dem Segnesgebiet sei ausgebrochen als der Permafrost vor rund 15 000 Jahren auftaute. Diese riesige Felsmasse habe die Rheinschlucht aufgefüllt und es sei ein sehr grosser Ilanzer See aufgestaut worden. Dieser habe schliesslich die Sturzmassen in der Schlucht aufgerissen. Eine gewaltige Flutwelle sei bis zum Bodensee vorgeschossen.
Aber das Rheintal war damals bereits besiedelt. Die Dörfer standen am Talrand auf Schuttkegeln. Der Talboden war das Flussbett des Rheins. Die letzte Eiszeit dauerte rund 120 000 Jahre. Die letzten 10 00 Jahre waren sehr heiss. Die grüne Sahara wurde zur Wüste. Das führte Wanderbewegungen in die Alpen Ihre tiefgelegenen Täler wurden früh besiedelt.
Wir erkennen nur die Spuren der letzten Eiszeit. Seit Entstehung der Alpen gab es Berge und Täler. Es gab also unendlich viele Eis- und Warmzeiten, denn das Klima hat sich immer gewandelt.
Die tiefe Caumamulde ist nicht mit Schuttmasse aufgefüllt. Sie ist eine Felsmulde mit unzähliegen autochthonen Felsköpfen und wenigen gletschertransporierten Steinen. Fotos: 20.04.2022_1, 20.04.2022_2, 20.04.2022_3
Alle Schluchten entstanden unter dem Eis, so lehren es die Geologen. Niemand wird glauben die Viamala sei in den letzten 15 000 Jahren entstanden. Das gilt auch für die Rheinschlucht und die Schluchten des Flem vom Wasserfall Segnes bis zur Einmündung in den Rhein.
Der Ault la Mutta steht quer zum Vorderrheintal. Unter jedem Gletscher fliesst Wasser das einen Abfluss finden muss. Der Rhein folgt einem tektonischen Graben, der vom Gotthardgebiet bis zum Bodensee reicht. Die Nordseite der Surselva ist felsig, die Südseite weist viel Schiefer und kiesigen Kalk auf.
2. Die Rheinschlucht
Die Rheinschlucht ist östlich des Laaxertobels auf der Nordeseite im Quintner Kalk eingeschnitten. Dieser bedeckt die Südhänge des Ault da Val Gronda und des Ault la Mutta (Vgl. Landschaftsbild). In der Schluchtflanke bei der Station Versam liegen die Sturzmassen aus dem Raum Cassons. Eingeschlossen sind mächtige Verrucanoblöcke der Glarner Überschiebung (Bilder 125a, 112a). Die überworfenen Massen liegen auf dem Plateau von Versam. Die groben Steinbrocken stammen von der Moräne des Vorderrheingletschers in Staderas (Bild 267).
Auf der Nordseite gibt es senkrecht abfallende Felswände mit Runsen und Gräten (Bilder 102a, 122); gestuft und gestaffelt aufsteigende Felsabschnitte mit bewaldeten Terrassen (Bilder 107, 127). Der mittlere Teil ist stark bewaldet und leicht begehbar. Hier tritt das Caumaseewasser bei einem Querriegel auf 900 m ü. M. aus Der Rhein wird in den tiefen Lagen durch harte Felsvorsprünge mehrmals umgelenkt. Der grösste Felsregel lenkt ihn weit nach Norden um; er dreht danach südwärts zum locker liegenden Quintner Kalk des Versamertobels. Die bis 300 m hohen Wände im Osten der Schlucht bestehen aus sehr kompaktem Quintner Kalk (Bild Anliker 1 & Anliker 2).
Aufschlussreich ist das Bild (Rheinschlucht Flims). Der schmale Grat des Ault la Mutta fällt steil zum Rhein ab. Sein sehr harter Malm ist nicht erodiert. Er reduzierte den Abfluss des aufgestauten Wassers auf eine Breite von nur 400 m. Die Haupterosion der Schlucht geschah deshalb auf der Südseite, wo Quintner Kalk und Schiefer liegen.
Der aufgestaute See war rund 4 km breit, gemessen von den Abhängen über Laax bis zur Südseite. Die höchste Schluchtkante liegt auf 1'100 m ü.M.; das Wasser reichte bis zum 35 km entfernt liegenden Disentis. Die Wassertiefe im Raum Valendas / Ilanz betrug 420 m. Er bedeckte auch das Lugnez und die Landschaft von Flond. (Zum Vergleich: Der Zürichsee ist bis Rapperswil 30 km lang. Bei Wädenswil ist er 3.2 km breit und 406 Meter tief).
Die Wassermassen überfuhren das Plateau von Conn und die Landschaft östlich davon und schwemmten sie auf. Die ursprüngliche Topografie ist noch deutlich erkennbar; ein sehr tiefer Wassergraben führt von Conn nordostwärts.
Das Plateau von Versam liegt 100 m tiefer als jenes von Conn. Es ist deshalb tief aufgeschwemmt und entwässerte sich zum Versamertobel hin; die Topografie beweist es.
3. Das „Flemtal“
Die Flimser Landschaft ist so breit weil hier sehr grosse Massen von aufliegendem Quintnerkalk ausbrachen und weil Flims in einem Seitental des Vorderrheintals liegt. Diese beiden fundamentalen Tatsachen wurden nie beachtet. Der Flem entspringt im Segnesgebiet und erreicht nach der Schlucht von Pintrun den Rhein weit im Osten. In vier Schluchten gibt es tief im Malm eingefressene Gletschermühlen. Die Segnesschlucht bei Flims schliesst den aufliegenden Quintnerkalk zwischen Laaxerbach und der Flimsermulde bis auf die Sockelplatte auf (Vgl. Landschaftsbild).
Die bizarre Felskopflandschaft im Gebiet Segnes hat mit Bergsturzmasse nichts zu tun. Sie war einst vom „Segnessee“ bedeckt weshalb sie nur verwittert ist (Bild 454). Sie setzt sich nach Osten zum Cassonshang fort wo sich der obere Segnesgletscher am Fuss der sehr steilen Gleitfläche staute. Deshalb weisen auch diese Köpfe keinen Gletscherschliff aus. Auf der Alp Platta aber sind die Felsköpfe nach der Geländekante markant geschliffen (Bild 461). Die sehr weite Felskopflandschaft „Crappa“ auf der Alp Nagens ist wie jene des Segnesbodens verwittert (Bild 466).
Auf der Sockelplatte der Segnesschlucht liegt ein riesiger Verucanoblock (Bild 223). Er beweist dass die Schlucht bereits bestand als der Bergsturz niederging. Auf der rechten Seite der Schlucht ist an der oberen Kante grobes Bachgeröll aufgeschlossen. Es zeugt von den riesigen Wassermassen die das Flemtal weiträumig einschwemmten Im Bachbett des Flem liegen bis am Ende der aufgeschwemmten Flimsermulde kleinere Verucanoblöcke in grosser Zahl. Die Blocklandschaft oberhalb der Geländekante beim steilen Abfall des Flem in die Schlucht bedeckt eine Fläche von rund zwei km2 vom Weidegebiet Runcs über das weite Waldgebiet Runca bis Staderas (Bild 323, Bild 319, Bild 170, Bilder 1493, 1515, 1647).
4. Die Bergsturzlandschaft, die keine ist
Die «Excursionskarte der Kuranstalt Flims» 1:10 000 zeigt im Kurvenbild die vielfältige Topografie des «Flemtals» im Osten des Sees. Die von Flemwasser tief aufgeschwemmte «Val Vallatscha» grenzt im Süden an eine 100 m hohe Felswand mit vielen autochthonen Felsköpfen am Grat (Bild 157, Bild 163). Im Norden ist der Flem in der Felsbachschlucht tief eingeschnitten. Östlich der Wiesenlandschaft Rens liegen sehr grosse autochthone Felsköpfe (Bild 277, Bild 301) Eine Vielzahl von Köpfen gleichen Ausmasses liegt im Crestawald und bei der Felsbachschlucht. Sie sind in der Landeskarte eingetragen.
Der Flimserstein ist nicht ausgebrochen: Die in der Ablagerungskarte eingetragene scharfe Abbruchkante existiert nicht: Die Übergänge zwischen Felswand und Alp sind gestuft und gestaffelt. Struktur und Neigung der Felsabschnitte zeigen keine Ausbruchkanten (Bild Anliker S. 101, Anliker S. 132, Ablagerungskarte). Eine solche gibt es nur an der Westwand des Flimsersteins wo die Glarner Überschiebungen ausbrachen (Bild 42, Bild 0482). Die Massen nahmen den im östlichen Cassonshang aufliegenden Quintnerkalk mit. Der Längsriss ist bis 100 m hoch. Er trennt den Ausserberg von Innerberg (Vgl. Landschaftsbild).
Im mittleren Teil des westwärts rasch abfallenden Cassonsgrats brach ein Teil des Felskopfs Crap la Tgina aus. Die Massen liegen im Flemgraben und auf der Alp Platta.
5. Die Surselva unter Wasser
Der höchste Punkt der Stauung ist auf 1100 m ü.M. Die Terrasse Conn liegt 100 m tiefer und wurde tief aufgeschwemmt. Im Norden gibt es eine weite, ebene Fläche. Im Osten verrät ein grosser Graben den Abfluss des Wassers zum Flem, der nach der Schlucht von Pintrun in den Rhein mündet.
Der Rhein folgt dem tektonischen Graben, der nach dem Gotthardmassiv seine Fortsetzung im Rhonegraben findet. Im Vorderrheintal trennt er die Kalkgebiete im Norden von den Schiefergebieten auf der Gegenseite. Die Surselva lag während Jahrtausenden unter Wasser. Die Moräne des Vorderrheingletschers ist mit wenigen Unterbrüchen bis Disentis erkennbar, wo sie etwas höher als das Kloster lag. Vier Bäche mündeten im See der Disentiser Mulde, weshalb sie sanft sedimentiert ist. Im Osten des Dorfes verursacht ein Bach bis heute grosse Rüfen mit Moränenschutt.
Die Trunser Landschaft lag am längsten unter Wasser, weil das Engnis von «Danis/Tavansa eine sehr grosse Stauwirkung hatte. Mehrere Bäche aus Norden lagerten ihren Schutt in breiten Delten ab; sie prägen den Charakter der Landschaft. Die Bäche aus dem Schiefergebiet im Süden füllten die Schwemmebene von Surrein auf. Ein Talweg war im engen Graben östlich von Tavanasa unmöglich. Der Umweg führte über Waltensburg und Rueun nach Ilanz.
Die Senke zwischen dem Felsriegel von Waltensburg -1100 m ü.M.- und Andiast am Gegenhang weist die tiefste Aufschwemmung der Surselva auf. Das Material stammt vom Flem aus dem Raum Brigels und zum überwiegenden Teil von der Moräne des Vorderrheingletschers, welche von der Val da Pigneu weit aufgerissen wurde. Das Dorf Rueun liegt auf dem Schuttkegel beider Bäche. Bis heute verbindet keine Strasse die Dörfer Andiast und Siat weil der instabile Moränengrund sehr instabil ist.
In Ruschein entstand eine Siedlung auf dem Felsriegel, der sich West-Ost hinzieht. Dahinter ist eine Schwemmebene die sich bis Siat im Westen hinzieht. Sie kann nur vom aufgestauten Rhein stammen. Auf dem Felsriegel gibt es eine sehr grosse Ansammlung von Schalensteinen. Sie werden einem Licht-Dunkel Kult zugeschrieben, der im Mittelmeerraum weit verbreitet war. Schalensteine gibt es auch am Fuss des Heinzenbergs in grosser Zahl.
Der Talkessel westlich des Querriegels Mutta, die «Gruob», ist nur leicht sedimentiert. Der Glenner aus dem Schiefergebiet des Lugnez hinterliess viel Schutt auf der rechten Talseite. Die sehr hohen Schwemmstufen zeugen davon, dass in der Endphase der Stauung das Wasser rasch in der Rheinschlucht abfloss.
Das Lugnez im Raum Vella Degen ist unterhalb 1100 m satt grün; darüber ist trockenes Weideland.
6. Die Erosionsmassen der Rheinschlucht
Die Erosionsmassen von Vorder-und Hinterrhein bilden die rund 60 m mächtige Aufschwemmungsebene von Bonaduz, Rhäzüns, Reichenau, Tamins und Dabi unterhalb Trin. Der Rhein fliesst nördlich von Bonaduz in einem tiefen Graben. Die Schwemmstufen fallen hier beidseitig des Tals treppenartig bis auf das Niveau der Schwemmebene von Reichenau ab. Im Osten, wo die Ablagerungen nicht Felsabhänge bedecken, fällt die Ebene in einer einzigen 55 m mächtigen Stufe ab. Die Talstrasse durchfährt sie als „Bonaduzer Stutz“.
Überbrückbar war der Vorderrhein nur bei „Punt Veder“ P. 664. Die einst sehr grosse Burganlage „Wackenau“ beschützte ihn. Bonaduz und Rhäzüns müssen sehr wichtige Passorte auf dem Weg zu den Alpenübergängen im Süden und in Richtung Churer Rheintal und Surselva gewesen sein.
Die Stauung der einst sehr grossen Wassermassen beider Flüsse geschah im Engnis von Reichenau, gebildet durch eine parallel zum Rhein verlaufende Felsflanke (Bild Stenna O29) und zwei quer zum Rhein verlaufende Riegel mit eingeschlossenem Schwemmaterial; eine gewaltige Kiesgrube schliesst es auf. (Stenna 027). An einer Stelle erscheint ein Sandsteinfels: ein Leckerbissen für die Altersbestimmung der Aufschwemmungen.
Einen Taminser Bergsturz gab es nicht. Das zum Kunkelspass aufsteigende Tal weist drei grosse Querriegel auf (Vgl. Kartenausschnitt Tamins). Das Dorf Tamins liegt auf der gleichen Schwemmebene wie Bonaduz. Die Schwemmbänke sind identisch mit jenen der Gegenseite. Die in der Ablagerungskarte eingetragenen Bergsturztrümmer in der Kiesgrube von Reichenau gibt es nicht.
7. Die ausgebrochene Mulde von Flims
Das Bild (Bild Flims um 1910) zeigt das Dorf Flims und seine Umgebung nur leicht verändert im Vergleich mit dem Bild des holländischen Malers Jan Hackaert aus der Zeit um 1650.Im Vordergrund sind die Felsköpfe des Weidegebietes Plaids erkennbar, wo der Quintnerkalk vollständig ausbrach. Nordwärts ansteigend erreichte er eine Mächtigkeit von 120 m, erkennbar an der Ausbruchflanke westlich von Scheia. In der Flimser Mulde brach der Quintnerkalk zwischen den beiden deutlich erkennbaren Wildbächen im Osten und im Westen bis auf die Sockelplatte des Flimsereteins aus (Vgl. Landschaftsbild). Am Südende von Preuls ist der Riss rund 200 m hoch. Westwärts nimmt seine Mächtigkeit zu; der Flem schliesst ihn 100 m tief bis auf die Sockelplatte auf.
Der Waldhausrücken blieb vom Ereignis unberührt. Hier ducken sich die «Waldhäuser» zwischen gewaltigen autochthonen Felsköpfen (Bild Flims um 1880). Die Ausbrüche am östlichen Cassonshang und in der Flimser Mulde sind die einzigen «Flimser Bergstürze». Aufgetauter Permafrost auf wasserführenden Felsplatten waren die Ursache.
Der Bergsturz von Cassons nahm die Moräne in Staderas auf eine Breite von 500 m mit. Ein Teil liegt bei Laax, angepresst an den Muttahang; ein zweiter liegt in der Schluchtflanke bei der Station Versam und überworfen auf dem Plateau von Versam (Vgl. Kap. 2). Die Massen der Flimser Mulde schossen auf eingeschlossenen Luftmassen bis Bonaduz vor. Sie überwarfen sich am Gegenhang von Scardanal, wo ihr Schutt auf der «Crest Aulta» 400 Meter höher als die Schwemmebene von Bonaduz liegt; der «Bot Tschavir» liegt auf der Schwemmebene; die anderen Schutthügel liegen auf den Schwemmstufen von Vorder-und Hinterrhein (Bild Kirche Tamins 233).
Die Schlucht von Pintrun wurde aufgefüllt. Das gestaute Wasser des Flem reichte bis an die Berghänge im Norden. Der Weg von Flims nach Trin führte lange Zeit über Fidaz. Die Burg Sogn Barcazi auf dem Felsriegel zwischen Mulin und Trin sicherte den Weg.
Die 250 m tief abfallende Felsmulde südlich von Flims (Vgl. Profil Vitgé), sammelte das anfallende Wasser, welches tief im Untergrund die Seen Cauma und Cresta erreicht. Die Mulde ist mit Verrucanotrümmern und mit Schwemmmaterial des Flem aufgefüllt. Die einst sehr hoch aufragenden heterogenen Glarner Überschiebungen erodierten schnell und wurden von den Wassermassen der abschmelzenden Gletscher der Mulde zugeführt.
Das Luftaufnahme O. Bieder um 1920, zeigt eine von baulichen Eingriffen nur leicht veränderte Landschaft. Der Flem verlässt die Segnesschlucht tief eingeschnitten im Quintnerkalk und quert danach die aufgeschwemmte Ebene. Die « Val Sulé» erreicht den Flem tief eingeschnitten. Sie nahm vor dem Tunnelbau die Wassermassen der vielen Dorfquellen auf. Heute ist sie ein Wässerlein. Die sanft ansteigenden Wiesen «Quadris» wurden im Laufe der Zeit mit viel Humus überdeckt. Der gewundene Weg nach Norden folgt einem abgesunkenen Wasserlauf aus der Zone Darbleuna. Die Felskopflandschaft nordöstlich der Wiesen «Quadris» bezeichnet die Ablagerungskarte als «Alluvionen»; der grösste Kopf hat einen Basisumfang von gut 15o m! Links oben im Bild erscheint die Felskopflandschaft des Weidelands Runcs. Sie findet ihre Fortsetzung in den Wäldern im Westen bis Staderas. Die Blöcke haben an vielen Orten riesiges Ausmass (Bilder ergänzt durch neue).
In der hintersten Ecke des Dorfes entsprang der Grosse Quellbach Davos. Ein heute abgesunkener Wasserlauf speiste die Quelle. Eine Sondierbohrung vor dem Tunnelbau stiess hier in 15 Meter Tiefe auf Wasser mit einer Leitermächtigkeit von 14 Metern! Der Davosbachverschwand nach einer einzigen grossen Sprengung.
8. Die Hydrogeologie des Caumasees
Der Caumaseee hat einen auffallenden Jahresrhythmus: Der Wasserstand im Sommer kann 6 m höher sein als im Winter. Die Höchststände im Sommer variierten vor dem Tunnelbau von 6 m bis 9.40 m. Der mittlere Wasserstand in den 27 Jahren vor dem Tunnelbau war 8.20 m. Das Wasser ist 5 Jahre alt (Mischwasser). Der See gefriert auch im kältesten Winter nie.
Die Frage ist, wo das Wasser herkommt und wieso die Temperaturen so hoch sind. Der BUWAL Bericht stellt ein Herkunftsgebiet in Höhen über 1800 m ü.M. fest; wo die Höhen sind lässt er offen. Alt werde es wahrscheinlich in den Felssturzmassen. Aber diese gibt es nicht. Nach langjähriger Beobachtung formulierte ich die folgende Hypothese: Alles am Flimserstein anfallende Wasser sinkt im Fels ab und sammelt sich in Klüften und grossen Hohlräumen. Je nach Absinktiefe und Durchlaufzeit ist es älter oder jünger bzw. wärmer oder kälter. Das neue Wasser schiebt das alte weiter. Ein emeritierter Hochschullehrer stimmte mir spontan zu: „Natürlich, Siphonsystem“! Es zählt das im gleichen Jahr anfallende Schmelzwasser oder Regenwasser.
Der See ist unterschiedlich warm. Eine Messreihe vom Juli 1985 durchgeführt an 7 Stellen zeigt erstaunliche Resultate. Die Temperaturen in 3 m Tiefe variierten von 16.1 bis 17.3 Grad, in 9 m Tiefe von 8.5 bis 9.1 Grad. Die Messungen im tiefen Graben ergaben In 11 m und in 13 m Tiefe 8.3 Grad, in 15 m und in 16.5 m Tiefe 8.2 Grad. Leider mass man die Temperatur am Grund nicht. Eine Auswertung der Messungen gibt es weder im BUWAL Bericht noch in den SISKA Berichten.
Die Messresultate beweisen, dass das Wasser von unten aus verschiedenen Klüften aufstösst. Die Lehre wonach es im Seebecken einen Grundwasserstrom gebe, gespeist vom Lag Tiert am Laaxerbach und vom Flemwasser des Tuleritgsees muss verworfen werden: Die Geologie verbietet es. Alle Fliessgewässer haben eine Temperatur von 6 Grad. Der Caumasee ist selbst im Winter wärmer als Bachwasser. Die angeschnittenen Grossquellen „Kirche“ hatte eine Temperatur von 12.5. In der Wasserzone Davos wurden 2o Grad warme Austritte gemessen. (Geotechnisches Büro von Moos AG , Zürich, 4. Oktober 2002).
Der See kann in Extremfällen im Sommer bis 15 cm im Tag ansteigen. Bei ausserordentlichen Regenfällen steigt der Seespiegel nach wenigen Stunden. Die Zulaufwege sind also kurz. Wenn der Schnee am Cassonsgrat geschmolzen ist, hört der Anstieg des Sees auf. Das Absinken beginnt nach einigen Tagen es sei denn dass in dieser Zeit starke Regenfälle einsetzen. Bei extremen Regenfällen im September kurz nach cdme Tunnelbau stieg der See einen ganzen Meter. Ohne Zweifel ist der Caumasee ein Grundwasseraufstoss.
Der Wasserspiegel der Grundwassermulde von Flims korreliert mit jenem des Caumasees. Dazu ein konkretes Messresultat. Eine Wärmepumpensonde in einer Überbauung im Schwemmland von Flims stiess im Sommer 2009 in 47 m Tiefe auf die mit viel Wasser bedeckte Sockelplatte. Eine Bohrung im April des folgenden Jahres traf in gleicher Tiefe auf eine trockene Felsplatte. Im ersten Fall war der Seestand bei 7.60 m, im zweiten Fall bei 3 m (Vgl. Profil Vitgé). Auch der Crestasee wird aus der Flimsermulde gespeist. Umfangreiche Messungen der Gemeinde Flims beweisen es. Sein Wasser hat die gleichen Eigenschaften wie das Caumawasser ist aber mit 10 Jahren doppelt so alt. Vor dem Tunnelbau stiessen die vielen Sommerquellen im Dorf Ende Mai auf, gleichzeitig mit dem Hauptanstieg des Sees. Ein Geologe aus meinem Bekanntenkreis interpretierte das so: Wenn das Grundwasser in der Flimser Mulde hoch aufgefüllt ist staut sich das Bergwasser in den Schichten der Sockelplatte und treibt auf.
Vor dem Tunnelbau war der Wasserspiegel im Caumasee Ende April bei 4.60 m, nach dem Tunnelbau ist er bei 3 m. Die Ausnahme sind Winter mit langen Wärmeeinbrüchen. Der durchschnittliche Seespiegel vor dem Tunnelbau war 8.20 m, nach dem Tunnelbau bei 7 m. Im Jahre 2005 erreichte der See nie gesehene 5.40 m. Das Wasser deckte weite Teile des Seebeckens nur noch knapp. Der Abfluss des Seewassers erfolgt nachgewiesenermassen in die Schluchtflanke von Conn. Wenn der See hoch ist, sind die Wasseraustritte stark und umgekehrt. Es gibt zu jeder Jahreszeit einen Zufluss und einen Abfluss. Das Wasser im See wird deshalb immer erneuert.
9. Der See kann gerettet werden
Das im Tunnel abgeleitete Wasser wurde am Tunnelende gefasst und dem Flem zugeführt, bis man nicht sicher war, ob es dem Caumasee fehlte! Wir kennen die Gefälligkeitsexpertisen zu diesem Thema. Es kann nicht sein das ein Naturwunder zur Rettung der Geologenehre und aus Geldinteressen zerstört wird.
Die Senke im Uaul Pign, am Südende der Schwemmebene von Flims, liegt gleich hoch wie die Wasserfassung von Vallorca. Eine Umleitung ist ohne Pumpen machbar. Ein Rutengänger machte hier eine ganze Reihe von Wasserläufen aus. Dazu kommen die zwei grossen Wasserläufe mit 9 und 12 m Leitermächtigkeit. Hier muss das Caumaseewasser versichert werden. Die notwendige Technik ist seit langem erprobt.
10. Historische Andeutungen
Das Ende der letzten Eiszeit war sehr heiss. Das Gebiet der Sahara wurde zur Wüste. Das löste Wanderbewegungen auf der Suche nach Wasser aus. Das Mittelmeergebiet war dicht besiedelt und neue Zuwanderer waren sicher nicht erwünscht. Verlockend waren die grünen Alpentäler. Auswanderungen geschahen in Stammesverbänden. Die Ernährung musste dabei gesichert bleiben, weshalb auch Haustiere mitgenommen wurden. Solche Wanderungen konnten nur etappenweise geschehen. Die Stationen mussten gesichert werden, weil man auf Nachwanderer angewiesen war, denn der natürliche Nachwuchs genügte bei der damals sehr kurzen Lebensdauer nicht. Die auf Dauer angelegten Siedlungen brauchten neben der Nahrung aus Fischfang und Jagd auch Fleisch von Haustieren und Erträge aus Ackerbau und Gärten. Die notwendigen Erfahrungen brachten die Siedler mit.
Siedlungen in grossräumig bewaldetem Gebiet mussten mit wenig Aufwand gesichert werden können. Das Ostende des Felsriegels von Waltensburg, die mächtigen Felsköpfe von Siat, der weitverzweigte Felsrücken von Ruschein boten sich dazu an. In Trin und Tamins lagen sie am Fuss von Felsköpfen, in Ems wohl auf den Tumas, in Chur dort wo heute die Kathedrale steht. Alle Siedlungen hatten ein Heiligtum und einen Friedhof. Die ältesten christlichen Kirchen entstanden in Chur und Martigny um 500. In den Bergtälern erst im 12. Jh.
Die Zuwanderung erfolgte wohl etappenweise. Die Verbindung zur alten Heimat war wichtig, weil nur eine zahlreiche Bevölkerung in einer gefährlichen Umgebung überlebt. Es darf angenommen werden, dass früh auch ein Handelsverkehr aufkam. Die Verbindungswege mussten durch Burgen an den Talstrassen und bei Flussübergängen gesichert.
Die Wegsicherungen der Zuwanderer dienten wohl auch einem aufkommenden Warenverkehr. Sie standen bei Flussübergängen oder in Talengnissen. Die erst im frühen Mittelalter entstandenen Grossburgen wie z.B. Jörgenberg, Mescco oder Ramosch im Unterengadin waren die Nachfolger der um Jahrtausende älteren Wegsicherungen der frühen Siedler.
Das tief gelegenen Churer Rheintal und das Hinterrheintal bot sich als ideales Siedlungsgebiet an. Es ist nicht zufällig, dass im Domleschg Schalensteine an mehreren Orten gefunden wurden. Die Verbindung vom Churer Rheintal in die Surselva über die Kante der Rheinschlucht war einfach. Die Burg Schiedberg bei Sagens schützte den Übergang über den sehr wilden Laaxerbach.
Die Gruob war auch über den Splügenpass, den Safierberg und -hoch über den Schluchten der Rabiusa- zur Güner Lücke erreichbar. Der Rhein konnte bei Castrisch früh überquert werden. Ein guter Weg führte nach Laax, wo eine Brücke über den Bach gebaut wurde. Laax wurde zum wichtigsten Passort der Surselva; der Flurname «Marcau» erinnert daran; die Burg Langenberg schützte ihn.
Der Weg nach Osten führte über die «Waldhäuser» nach «Marcau», am Ostende der Flimser Landschaft, wo eine Siedlung mit Heiligtum und Friedhof entstand. Die frühmittelalterliche Kirche, «Sontga Sbeta» (Elisabeth), ist in ihren Grundmauern bruchstückhaft nachweisbar.
Ein Sonderfall ist Falera. Der Felshügel war als Siedlungsort ideal. Hier entstand eine Kalenderstation, wie man sie bisher nirgends gefunden hat. Aufgereihte Felsklötze peilen die wichtigsten Kalenderdaten des Jahres an: kürzester und längster Tag sowie Zeitgleiche. Die Peilpunkte waren an der Bergkette in Osten definiert. Es konnte sogar ein Mondkalender ausgemacht werden, eingeritzt auf einer Felstafel auf der Südseite der Kuppe. Das Wissen dazu stammte aus dem Orient. Auch hier entstand ein Heiligtum mit Friedhof, am Fuss des Felsen, weil es nur hier weiches Erdreich gibt.
Gilli Schmid |